Vernetztes Spielzeug: Datenschutzrisiko im Kinderzimmer

Kürzlich sorgte die Bundesnetzagentur mit einem ungewöhnlichen Aufruf für Aufsehen: Besitzer der Puppe „My friend Cayla“ sollen diese zerstören. Doch was genau macht die Puppe so bedenklich?

„Fast wie eine richtige Freundin“ – so wird die smarte Puppe Cayla auf der Webseite des Herstellers beschrieben. Wird die Puppe über ein Tablet oder Smartphone mit dem Internet verbunden, ist sie in der Lage, Kindern auf die verschiedensten Fragen Antworten zu geben. Dem interaktiven Erlebnis im Kinderzimmer wurde jetzt allerdings ein Riegel vorgeschoben: Die Bundesnetzagentur fordert dazu auf, die Kinderpuppe Cayla zu zerstören, da diese technisch betrachtet, eine verbotene Sendeanlage darstelle. Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung bietet der Paragraf 90 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sowie die Tatsache, dass Mikrofon und Lautsprecher in der Puppe versteckt sind. Dadurch sei eine unbemerkte Fernüberwachung möglich. Nun sind der Besitz, die Herstellung sowie der Vertrieb der Puppe in Deutschland verboten, um mögliche Verletzungen der Privatsphäre zu verhindern.

Funktionsweise der vernetzten Puppe

Cayla wird per Bluetooth mit einem Smartphone oder Tablet verbunden und kann so auf das Internet zugreifen. Die Spracherkennungssoftware der Puppe ist auf diese Verbindung angewiesen. Wird der Puppe eine Frage gestellt, wird diese über das Internet an einen Server geschickt, der die Anfrage transkribiert und den Text an die App der Puppe zurücksendet. Über die App wird der transkribierte Text auf Schlagworte einer Blacklist (eine von den Eltern ergänzbare Liste von Wörtern, auf welche die Puppe keine Antworten geben soll) hin geprüft. Daraufhin wird im Internet nach einer Antwort auf die Frage gesucht. Was genau mit den Daten, die bei einer solchen Fragenverarbeitung erhoben werden, passiert, ist nicht klar. Durch die Installation der App stimmen die Nutzer jedoch einer Datenweitergabe an Dritte zu.

Wie Stefan Hessel von der Universität des Saarlandes in einem Test feststellte, kann jedes bluetoothfähige Gerät in Reichweite der Puppe eine Verbindung zu dieser aufbauen, sogar durch mehrere Wände hindurch. Damit ist ein Zugriff auf Lautsprecher sowie Mikrofon der Puppe durch Fremde möglich.

Abgesehen von den verschiedenen Möglichkeiten Informationen aus dem Alltag der Kinder zu sammeln, scheint Cayla auch gezielt Werbeinformationen zu streuen, beispielsweise wenn die Puppe beiläufig beginnt, über ihre Lieblings-Disneyfilme zu erzählen.

Datenschutzaspekt bei vernetztem Spielzeug
Durch die Entscheidung der Bundesnetzagentur erhält die Puppe Cayla gerade erhöhte Aufmerksamkeit, sie ist jedoch nicht das einzige vernetzte Spielzeug, das Datenschutzbedenken hervorruft. Generell sollte die Funktionalität eines (Spiel)Geräts immer mit den verbundenen Kosten, auch im Sinne der Datenweitergabe, abgewogen werden – egal ob die Nutzer Kinder oder Erwachsene sind.

Tipps für Eltern
Internetfähiges Spielzeug bietet neue Möglichkeiten und Funktionalitäten, mit denen Sie sich genauer auseinandersetzen sollten. Informieren Sie sich vor dem Kauf, ob und welche Sicherheits- und Privatsphäreeinstellungen bei den Spielgeräten möglich sind.  

  • Internetfähige Spielzeuge sollten keine ungeschützte Bluetooth-Schnittstelle (ohne Passwort) haben. Auf der Webseite des Herstellers können Sie sich darüber informieren, ob das gewünschte Spielzeug über ein individuelles Bluetooth-Passwort verfügt. Unter "Datenschutzbedingungen" sollten Sie kritisch überprüfen, welche Daten der Hersteller über die Spielzeug-Funktionen erhebt und wie diese Daten weiterverarbeitet werden.
  • Besitzt Ihr Kind bereits ein smartes Spielgerät mit einer ungeschützten Bluetooth-Schnittstelle, sollten Sie diese Funktion zur Sicherheit deaktivieren. Vorsichtshalber ist es ratsam, auch die Batterie aus dem Spielzeug zu entnehmen. Aufgrund der aktuellen Sicherheitsbedenken und den nachgewiesenen Sicherheitslücken bei einigen vernetzten Spielsachen, können Sie diese beim Hersteller bzw. Händler reklamieren und Ihr Geld zurückfordern.
  • Bei Spielzeugen mit Sprachaufnahmefunktion empfehlen IT-Sicherheitsexperten, dass die Mikrofon-Funktion erst nach Aktivierung durch einen Knopf oder Schalter erfolgen sollte. Prüfen Sie daher, ob der smarte Spielgefährte immer aufnimmt oder das Mikrofon auch ausgestellt werden kann. Je nach Modell kann das Spielzeug auch über eine integrierte Kamera verfügen oder den Standort über GPS-Daten aufzeichnen. Auch hierzu sollten Sie sich die Datenschutzbedingungen genau anschauen und die Kamera möglichst nur einschalten, wenn sie benutzt wird.

Tipps zum Thema Datenschutz gibt es beispielsweise in den Flyern von klicksafe:

  • klicksafe-Flyer "Datenschutz-Tipps für Eltern"
  • klicksafe-Flyer "Datenschutz-Tipps für Jugendliche"
  • Tipps zur digitalen Selbstverteidigung

Wie geht es mit der Puppe Cayla weiter?

Cayla wird bereits seit 2014 in Deutschland vertrieben. Die Bundesnetzagentur hat nun Verkaufsstellen angeschrieben, damit die Cayla-Puppen aus dem Sortiment genommen werden. Eltern, deren Kinder bereits eine solche Puppe besitzen, werden dazu aufgefordert, diese zu zerstören. Auf der Webseite wird ein Vernichtungsnachweis zum Download angeboten. Die Puppe sollte nicht an den Verkäufer zurückgesendet werden und kann beispielsweise an einer der nahe gelegenen Abfallwirtschaftsstationen abgegeben werden. Dort bekommt ebenfalls einen Vernichtungsnachweis. Zwar plane die Bundesnetzagentur nicht gezielt Eltern bzw. Besitzer der Puppe ausfindig zu machen, jedoch könnten die Datenschutzschwachstellen des Spielzeugs Motivation genug sein, das Gerät nicht weiter einsatzfähig zu lassen.

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