In-Game-Käufe & virtuelle WährungenEU geht gegen Abzocke in Mobile Games vor

Auf klicksafe.de haben wir bereits mehrfach über die vielen manipulativen Designs in Mobile Games berichtet. Zum Beispiel in unserem Podcast „Manipulieren Mobile Games unsere Kinder?“. Oder auch in unseren Informationen zu einzelnen beliebten Spielen, wie zum Beispiel FC Mobile. Auch die Stiftung Warentest prüfte im vergangenen Jahr die beliebtesten Spiele-Apps für Kinder und kam zu dem Ergebnis, dass die meisten davon inakzeptabel seien.
Nun gibt es allerdings Hoffnung, dass zumindest einigen dieser manipulativen Praktiken in der Europäischen Union ein Riegel vorgeschoben wird. Vergangene Woche veröffentlichte das Consumer Protection Cooperation Network der Europäischen Kommission Leitlinien für virtuelle Währungen in Spielen. Dieses Netzwerk ist ein Zusammenschluss von Verbraucherschutzorganisationen in ganz Europa. Deutschland ist dort mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vertreten. Ziel des Netzwerks ist es, den Schutz von Verbraucher*innen in ganz Europa einheitlich zu gestalten und geschlossen gegen Praktiken zum Nachteil der EU-Bürger*innen vorzugehen.
Was steht in den neuen Leitlinien?
Die neuen Leitlinien des Consumer Protection Cooperation Network sind in sieben Hauptpunkte unterteilt, die folgende Vorgaben machen:
- Preise müssen klar und transparent angegeben werden.
- Das Verschleiern realer Kosten von Inhalten und Dienstleistungen sollte vermieden werden.
- Verbraucher*innen sollten nicht gezwungen werden, ungewollte virtuelle Währungen zu kaufen.
- Verbraucher*innen sollten klare und verständliche Informationen vor Abschluss eines Kaufvertrages bekommen.
- Das Rückgaberecht der Verbraucher*innen sollte respektiert werden.
- Kaufverträge sollten fair und in einfach verständlicher Sprache formuliert sein.
- Das Design und der Inhalt von Spielen sollten berücksichtigen, dass auch Menschen mit Einschränkungen und Vulnerabilitäten sie nutzen.
Das 8-seitige Dokument gibt viele Beispiele dafür, wie sich diese Regeln auf Spiele auswirken und welche manipulativen Techniken nun vermieden werden müssen. So dürfte zukünftig der Preis eines virtuellen Gegenstands nicht mehr ausschließlich in einer virtuellen Fantasiewährung (wie zum Beispiel in Kristallen oder Diamanten) angegeben werden. Der reale Preis in Euro müsste immer gut sichtbar daneben stehen.
Auch sollte es zukünftig nicht mehr möglich sein, dass virtuelle Währungen nur in Paketen angeboten werden, bei denen die Verbraucher*innen gezwungen sind, höhere Beträge zu kaufen, als sie eigentlich benötigen.
Besonders der siebte Punkt ist für Kinder und Jugendliche relevant. Da sie sich noch in der Entwicklung befinden und unter Umständen noch zu wenig finanzielle Kompetenzen oder Impulskontrolle ausgebildet haben, gelten sie als vulnerable Gruppe. Die Anbieter von Spielen müssen also nicht nur dafür sorgen, dass es sichere Voreinstellungen und Möglichkeiten zur elterlichen Begleitung und Kontrolle gibt. Sie sollen auch vermeiden, dass ihre Spiele diese Vulnerabilitäten gezielt ausnutzen.
Sind die neuen Leitlinien für Anbieter von Spielen verpflichtend?
Alle Punkte der Leitlinie beziehen sich explizit auf geltendes europäisches Recht. Zum Beispiel auf die Unfair commercial practices directive. Das Consumer Protection Cooperation Network macht allerdings auch klar, das ein Verstoß gegen die neuen Leitlinien nicht automatisch einen Rechtsbruch darstellt. Ob europäisches oder nationales Recht verletzt wird, können ausschließlich Gerichte feststellen. Die Leitlinien lassen sich allerdings als klares Signal an die Anbieter verstehen, dass die Verbraucherschützer*innen bereit sind, zukünftig mit Klagen gegen Unternehmen vorzugehen, die weiterhin manipulative Techniken zum Nachteil von Verbraucher*innen in ihren Spielen anwenden.
Was sagen die Anbieter von Videospielen zu den Leitlinien?
Bei dem Geschäft mit In-Game-Käufen handelt es sich mittlerweile um einen weltweiten Milliardenmarkt. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Spieleindustrie keinen Anlass sieht, irgendetwas an dem momentanen Zustand zu ändern. Bereits einen Tag nach der Veröffentlichung der Leitlinien hat die European Game Developers Federation eine Stellungnahme abgegeben. Auch der deutsche Branchenverband GAME ist Teil dieses Zusammenschlusses. Die European Game Developers Federation sieht keinen Anlass für Änderungen, da die bisherigen Schutzmaßnahmen und Selbstverpflichtungen ausreichend seien. Außerdem wird angezweifelt, ob die Rechtsauslegung des europäischen Verbraucherschutzrechts in den Leitlinien korrekt sei. Das wolle man nun prüfen lassen.
Wie Kinder und Jugendliche selbst auf die unfairen Geschäftspraktiken in Mobile Games blicken, hat der Short Report Nr. 12 zu Monetarisierungsmodelle in Online-Games untersucht. 65 Kinder zwischen 12 und 14 Jahren nahmen dafür an Gruppenworkshops teil, in denen über Geldausgaben für Online-Games diskutiert wurde. Umgesetzt wurde der Short Report im Projekt ACT ON! des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.