Sexualisierte Selbstdarstellung onlineHot-Tub-Streams und OnlyFans
Im Internet entwickeln sich laufend neue Möglichkeiten, um mit erotischen oder pornografischen Inhalten Geld zu verdienen. Das Problem: Zunehmend finden sich diese Angebote auch auf Diensten, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden. Eine klare Trennung von Inhalten für Erwachsene und Inhalten für Minderjährige gibt es oft nicht. Hinzu kommt: Wer mit dieser Art Dienstleistung Geld verdienen will, muss auf allen gängigen Kanälen präsent sein, um eine große Community aufzubauen. Instagram, TikTok, Youtube und dergleichen gehören dabei zum Standardrepertoire. Auch wenn sich die Inhalte auf diesen Plattformen an die dort herrschenden Richtlinien halten, bewerben sie oft auch Inhalte auf anderen Kanälen. So werden die User*innen auf Plattformen wie Twitch oder OnlyFans geleitet, die es erlauben, mit erotischen oder pornografischen Inhalten Geld zu verdienen.
Beispiel 1: Hot-Tub-Streams
2021 kündigte Twitch an, eine neue Kategorie Namens „Pools, Hot Tubs, and Beaches“ einzuführen. Dieser Ankündigung vorausgegangen waren Kontroversen um eine neue Art von Inhalten auf der Plattform. In dem Format „Hot Tub“ zeigt sich in der Regel eine junge Frau in Badebekleidung vor der Kamera und interagiert per Chatfunktion mit den Zuschauer*innen. Twitch bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit einem Stream Geld zu verdienen. Dazu zählen der Verkauf von kostenpflichtigen Abonnements für exklusive Inhalte und die Einnahmen aus Werbung. Zuschauer*innen können aber auch direkt Geld an die Streamer*innen schicken. So stehen oft bestimmte Leistungen „zum Verkauf“. Das können harmlose Dinge sein, wie den Namen der bezahlenden Person gut sichtbar auf eine Tafel zu schreiben. Es können aber auch eindeutigere Leistungen sein wie der Wechsel des Badeanzugs. Nacktheit und Pornografie sind auf Twitch allerdings verboten.
Beispiel 2: OnlyFans
Die Plattform OnlyFans funktioniert ähnlich wie ein soziales Netzwerk (zum Beispiel Facebook). Hürdenlos kann man einen Account erstellen und Inhalte posten. Im Gegensatz zu den meisten bekannten sozialen Netzwerken sind pornografische Inhalte auf OnlyFans erlaubt. Außerdem besteht die Möglichkeit, die geposteten Inhalte hinter einer Bezahlschranke (Paywall) zu verbergen. Sprich: Nur wer für einen Inhalt bezahlt hat, kann ihn sehen. OnlyFans bemüht sich darauf hinzuweisen, dass es auf der Plattform nicht nur pornografische Inhalte, sondern zum Beispiel auch Fitness-Workouts zu kaufen gibt. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein erheblicher Teil der Inhalte eindeutig sexualisiert ist. In den Fokus der Aufmerksamkeit ist OnlyFans vor allem dadurch gerückt, dass auch einige wenige bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens OnlyFans nutzen. Eine damit verbundene Sorge ist, dass Kinder und Jugendliche ihren Idolen von anderen Plattformen zu OnlyFans folgen könnten und dort mit problematischen Inhalten in Berührung kommen. Bisher lässt sich allerdings nicht beobachten, dass das der Fall ist.
Wie steht es um den Jugendschutz?
Um auf Twitch einen Stream zu verfolgen, ist keine Anmeldung nötig. Im Test war es möglich, über die Suchfunktion einen Hot-Tub-Stream anzusteuern. Lediglich einen Hinweis, dass sich dieser Stream an Erwachsene richtet, wurde angezeigt. Dieser Hinweis kann allerdings einfach ignoriert werden. Laut den allgemeinen Geschäftsbedingungen darf Twitch von Personen unter 13 gar nicht und zwischen 13 und 18 nur unter Aufsicht eines Erziehungsberechtigten genutzt werden. Kontrolliert wird das von Twitch nicht.
Die Nutzung von OnlyFans ist nur volljährigen Personen erlaubt. Einen Account kann man indes problemlos anlegen und muss dabei noch nicht einmal sein Alter angeben. Das Geschäftsmodell von OnlyFans führt allerdings dazu, dass nahezu keine Inhalte sichtbar sind, bevor man dafür bezahlt hat. Um bezahlen zu können, muss der Account mit einer Kreditkarte oder einem Bankkonto verknüpft werden. Wenn man auf OnlyFans auch selbst Inhalte erstellen will, so muss man seine Identität und sein Alter mit einem Foto von sich und einem offiziellen Ausweisdokument bestätigen.
Welche Gefahren bestehen für Jugendliche?
Durch eine allgegenwärtige und unkritische Darstellung von digitaler Sexarbeit kann bei Minderjährigen der Eindruck entstehen, dass eine sexualisierte Selbstdarstellung im Internet vollkommen unproblematisch ist. Oder sogar, dass es eine einfache Möglichkeit sein kann, Geld zu verdienen. Ein Herabsetzen der Hemmschwelle, wenn es um sexualisierte Selbstdarstellung im Internet geht, birgt die Gefahr, dass Kindern und Jugendliche sexuelle Übergriffe nicht als solche erkennen. Das spielt Täter*innen in die Hände, die versuchen, Minderjährige zu sexuellen Handlungen vor der Webcam zu überreden (siehe Themenbereich Cybergrooming).
Die Selbstinszenierung der Darsteller*innen ist darüber hinaus geprägt von einem problematischen Rollenbild. Wie aus anderen Bereichen der „Erwachsenenunterhaltung“ bekannt, besteht die einzige Rolle von Frauen meist darin, Männern zu gefallen und ihnen zur Verfügung zu stehen.
Tipps für Erziehungsberechtigte
- Sprechen Sie mit Ihren Kindern altersangemessen über sexualisierte Selbstdarstellung im Internet.
- Erkundigen Sie sich regelmäßig danach, für welche Stars Ihr Kind schwärmt und machen Sie sich ein eigenes Bild von den Inhalten dieser Stars.
- Vereinbaren Sie klare Regeln dafür, welche Geldbeträge im Internet ausgegeben werden dürfen und auch wofür Geld ausgegeben werden darf.
- Vereinbaren Sie klare Regeln für die Kommunikation mit Fremden im Internet.