forsa-Studie: Mehr Hass im Netz im Corona-Jahr

Mehr als drei Viertel der Menschen in Deutschland erleben Hass im Netz. Das zeigen die neuesten Zahlen einer forsa-Studie zur Wahrnehmung von Hassrede im Internet im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW. Gleichzeitig steigt die Angst vor Hasskommentaren, aber auch die Wut über die Verfasser*innen solcher Kommentare.

„Drei Dinge werden deutlich mit Blick auf die neuen forsa-Zahlen zu Hate Speech: Die Wahrnehmung von Hass im Netz ist in diesem zurückliegenden Corona-Jahr gestiegen. Angst und Wut nehmen zu. Und gleichzeitig werden auch mehr Verstöße zur Anzeige gebracht. Das zeigt, dass die Menschen Hass und Hetze nicht hinnehmen wollen, sich stattdessen wehren und auch rechtliche Schritte einleiten. Als Landesanstalt für Medien NRW unterstützen wir das vor allem durch Initiativen wie ‚Verfolgen statt nur Löschen‘. Demokratie zu schützen ist unser aller Aufgabe - und das gerade im Internet“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die Auswertung der forsa-Befragung.

Die Landesanstalt für Medien NRW führt seit 2016 einmal jährlich eine Umfrage zum Thema Hate Speech bzw. Hasskommentare im Internet durch. In der aktuellen Umfrage 2021 geben rund drei Viertel der Befragten (76%) an, schon einmal Hate Speech bzw. Hasskommentaren im Internet begegnet zu sein. Zum Vorjahr stieg dabei der Anteil derjenigen von 34 Prozent auf 39 Prozent, die Hasskommentare sehr häufig oder häufig wahrnahmen – ein neuer Höchstwert. Der Anteil derer, denen kein Hass im Netz begegnet ist, liegt bei 22 Prozent. Dieser Wert entspricht dem aus der Umfrage in 2018.

Hass im Netz ruft starke Emotionen hervor

Besonders stark angestiegen ist der Anteil derjenigen, denen die Hasskommentare im Netz Angst machen (2020: 34%; 2021: 42%). Von der Angst in Bezug auf Hasskommentare berichten besonders häufig Frauen (Frauen: 51%; Männer: 33%). Ein zunehmender Anteil der Bevölkerung gibt an, dass Hasskommentare sie wütend machen (2016: 72%; 2021: 77%). Auch hier sind große Geschlechterunterschiede festzustellen: Bei Frauen lösen Hasskommentare deutlich häufiger Wut aus, als bei Männern (Männer: 70%; Frauen: 84%). Das Verständnis für Verfasser*innen von Hasskommentaren nimmt seit drei Jahren kontinuierlich ab (2019: 19%; 2021: 13%).

Widerstand gegen Hass und Hetze nimmt zu

Die 25- bis 44-Jährigen sind in diesem Jahr besonders aktiv gegen Hass im Netz vorgegangen. Auf Basis derer, die im Netz schon einmal Hasskommentare gesehen haben, gab diese Altersgruppe im Jahr 2021 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich häufiger an, sich mit Hasskommentaren im Netz beschäftigt zu haben (2020: 42%; 2021: 53%). Sie geben auch deutlich häufiger an, einen Hasskommentar oder deren Verfasser beim zuständigen Portal gemeldet zu haben (2020: 30%; 2021: 42%). Die Gruppe der 25- bis 44-Jährigen sucht auch stärker den direkten Austausch mit Verbreitern von Hass und Hetze. Im Jahr 2021 gab ein Drittel der 25- bis 44-Jährigen an, auf einen Hasskommentar geantwortet zu haben, um diesen zu kritisieren, ein Anstieg von 7 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr (26%).

Insgesamt nehmen die Meldungen von Hasskommentaren zu. Über die Hälfte der Befragten, die im Netz schon Hate Speech gesehen haben, gab an, sich mit Hasskommentaren zu beschäftigen, um diese eventuell zu melden. Der Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen (2020: 44%; 2021: 51%). Besonders verbreitet ist dieser Trend bei den unter 25-Jährigen (2021: 61%).

Effektive Strategien gegen Hass im Netz

Erstmals wurde im Rahmen der Studie auch die Meinung der Bevölkerung zu wirksamen Strategien gegen Hasskommentare im Netz abgefragt. Als besonders effektiv wird die strafrechtliche Verfolgung von Verfasser*innen von Hassrede wahrgenommen (78%). Gefolgt davon, Hasskommentare schnell zu löschen (73%). Hier setzt auch das Projekt „Verfolgen statt nur Löschen an“. Im Rahmen der Initiative arbeiten Staatsanwaltschaft, Medienunternehmen und Medienaufsicht in NRW zusammen bei der Verfolgung strafrechtlich relevanter Hasskommentare. Diese können im Rahmen von „Verfolgen statt nur Löschen“ vereinfacht zur Anzeige gebracht werden. Gleich wirksam gegen Hasskommentare im Netz sind für rund zwei Drittel der Befragten, Hasskommentare bei Plattformbetreibern und unabhängigen Meldestellen zu melden. Am wenigsten effektiv werden Strategien wahrgenommen, die von den Nutzer*innen selber ausgehen können, so wird z.B. aktive Gegenrede nur von 26% der Bevölkerung als wirksames Mittel angesehen.

Weitere Informationen