Kommt das Handyverbot?Neue Regeln für Smartphones in Schulen angekündigt

Was ist in Baden-Württemberg und in Hessen geplant?
Die Kultusministerin Theresa Schopper aus Baden-Württemberg hat angekündigt, dass die private Handynutzung in der Schule zukünftig eingeschränkt werden sollte. Wie genau diese Einschränkung zukünftig aussieht, ist bisher nicht bekannt. Begründet wird dieser Vorstoß unter anderem damit, dass die negativen Auswirkungen von Smartphonenutzung mittlerweile erwiesen seien. Unter anderem leide die Konzentrationsfähigkeit und das Lernvermögen, sagte die Ministerin.
In Hessen gibt es bereits einen konkreten Gesetzesentwurf, der kommende Woche zur Abstimmung gestellt werden soll. Darin ist vorgesehen, dass die Verwendung digitaler Geräte auf dem gesamten Schulgelände unzulässig ist. Dazu zählen nicht nur Smartphones, sondern zum Beispiel auch Tablets und Smartwatches. Das Mitführen dieser Geräte wird allerdings ausdrücklich nicht verboten. Das generelle Nutzungsverbot kann durch Lehrkräfte, Aufsichtspersonen oder durch Konferenzbeschluss aufgehoben werden. Lehrkräfte können also problemlos weiterhin ihre Schüler*innen mit digitalen Geräten im Unterricht arbeiten lassen. Auch dass manche Schüler*innen aufgrund einer Einschränkung auf digitale Geräte angewiesen sind und diese weiterhin nutzen können müssen, ist im Gesetzesentwurf erfreulicherweise berücksichtigt. Den Schulen ist es ausdrücklich erlaubt, Geräte einzuziehen, wenn sich Schüler*innen nicht an die Regeln halten. Die Geräte müssen in diesem Fall spätestens am Ende des Schultages wieder ausgehändigt werden.
Sind diese Regelungen wirklich nötig?
Auch wenn wir noch nicht alle Details zu den Vorhaben kennen, ist eine Sache schon jetzt deutlich: Es wird kein generelles Handyverbot an Schulen geplant. Das Mitführen von digitalen Geräten bleibt nach wie vor erlaubt. Nur die Nutzung wird eingeschränkt. Was wird sich an Schulen in den beiden Bundesländern also zukünftig ändern? Unter Umständen weniger, als manche denken. Denn auch jetzt schränken die allermeisten Schulen die Nutzung von Smartphone und Co. im Unterricht und auf dem Schulgelände ein. Diese Regeln sind zum Beispiel in der Hausordnung, dem schulischen Medienkonzept oder in einer speziellen „Handy-Ordnung“ festgehalten.
Der hessische Gesetzesentwurf lässt auch explizit zu, dass Schulen weiterhin ihre eigenen Regelungen finden. So können sie zum Beispiel bestimmte Bereiche auf dem Schulgelände oder auch bestimmte Zeitfenster für die private Mediennutzung der Schüler*innen freigeben. Das Verbot der privaten Nutzung gilt also nicht absolut, sondern es kann von den Schulen so angepasst werden, wie es ihnen für ihre Situation sinnvoll erscheint. Die bisherigen Regelungen an Schulen blieben damit vermutlich größtenteils die gleichen, lediglich die Vorzeichen änderten sich: Wo bisher die Mediennutzung grundsätzlich erlaubt war und durch die Schule eingeschränkt werden musste, wäre sie mit dem neuen Gesetz grundsätzlich verboten und müsste durch die Schule erlaubt werden.
Darin sehen die Verfasser*innen des hessischen Gesetzesentwurfs einen großen Vorteil. Denn durch das neue Gesetz sollen Schulen und Lehrkräfte davor bewahrt werden, die Einschränkungen der Nutzung immer und immer wieder vor Schüler*innen und Eltern rechtfertigen zu müssen. Bei Streit und Unmut über das Verbot der privaten Nutzung von digitalen Geräten könnten sie zukünftig auf die Vorgaben des Schulgesetzes verweisen. Schulen und Lehrkräfte, so die Hoffnung, träten dann zukünftig nicht mehr als die auf, die etwas verbieten, sondern im Gegenteil als die, die etwas erlauben.
Was können Schulen in anderen Bundesländern tun?
Wie bereits dargestellt, haben die Schulen in Deutschland auch ohne gesetzliche Verbote Regelungen gefunden, wie mit digitalen Geräten im Schulalltag umzugehen ist. Das Bild von Klassenzimmern, in denen aufgrund fehlender Gesetze alle Kinder mit dem Smartphone beschäftigt sind und kein Unterricht mehr möglich ist, entsprach also noch nie dem Alltag an deutschen Schulen.
In vielen Schulen gibt es erfolgreiche Ansätze, die Nutzung von Smartphones sinnvoll im Schulalltag zu regeln. Einige Schulen setzen auf verbindliche Regeln zur Handynutzung, kombiniert mit gezielter Aufklärung über digitale Medien. Dieser präventive Ansatz sollte spätestens ab der 5. Klasse beginnen und durch spezielle Elterntrainings ergänzt werden. Im Peer-to-Peer-Ansatz geben ältere Schüler*innen, die als Medienscouts ausgebildet werden, ihr Wissen über eine angemessene Mediennutzung an jüngere Mitschüler*innen weiter und stehen als vertrauenswürdige Ansprechpersonen zur Verfügung.
Tipps für Schulen
- Etablieren Sie klare Regeln: Definieren Sie in einer Smartphone-Ordnung feste Zeiten und Orte, an denen Smartphones genutzt werden dürfen. Vorlagen gibt es zum Beispiel beim Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat hier einige Good-Practice-Beispiele gesammelt. Bedenken Sie, dass die Handyordnung im Einklang mit dem Schulgesetz Ihres jeweiligen Bundeslandes stehen muss.
- Beziehen Sie die Schüler*innen mit ein: Die Akzeptanz für Regeln wird in der Schüler*innenschaft höher sein, wenn sie bei der Erstellung der Regeln miteinbezogen wurden. Auch die Kinderrechte gebieten, dass Kinder bei allen Entscheidungen, die sie betreffen, angehört werden.
- Vermitteln Sie Medienkompetenz: Integrieren Sie regelmäßig Unterrichtseinheiten zur sicheren und verantwortungsvollen Nutzung digitaler Medien. Bei klicksafe finden Sie dazu viele Unterrichtsmaterialien.
- Beziehen Sie die Eltern ein: Bieten Sie Informationsveranstaltungen oder Trainings an, um Eltern in die Medienerziehung einzubinden. Bei klicksafe finden Sie verschiedene Ratgeber und Flyer für Eltern.
- Führen Sie Peer-to-Peer-Projekte ein: Setzen Sie Medienscout-Programme ein und unterstützen Sie so eine Medienkompetenzvermittlung auf Augenhöhe.
- Offene Kommunikation: Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der sich Schüler*innen bei Problemen mit der Handynutzung an Sie wenden können. Das kann zum Beispiel im Rahmen einer eigenen Sprechstunde rund um alle digitalen Themen geschehen.