Medienerziehung in der SchuleSollten Smartphones in Schulen verboten werden?

Andere Länder sind den Schritt bereits gegangen: Smartphones sind in Frankreich und in Italien an Schulen verboten. Und auch in Deutschland wünschen sich viele Lehrkräfte und Eltern ein konsequentes Vorgehen gegen Smartphones auf dem Pausenhof und in der Klasse. Denn digitale Geräte werden für viele Probleme verantwortlich gemacht. Zum Beispiel für abfallende Schulleistungen durch die ständige Ablenkung, für mangelnde soziale Interaktion unter den Schüler*innen oder für eine zunehmende Verrohung durch gewaltverherrlichende, radikale oder pornografische Webinhalte. Wir zeigen, welche Möglichkeiten Schulen abseits eines Totalverbots von Smartphones noch haben.

Die Diskussion um exzessive Smartphone- und Social-Media-Nutzung bei Jugendlichen dreht sich oft um die Frage, ob Verbote das richtige Mittel sind, um Problemen wie Cybermobbing oder Konzentrationsmangel vorzubeugen. Doch die Wirksamkeit von Verboten wird auch immer wieder infrage gestellt. Statt strikter Einschränkungen plädieren viele für eine frühzeitige Medienerziehung. Dies bedeutet, Kinder und Jugendliche von Anfang an im Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen. Durch die aktive Begleitung durch Eltern und Lehrkräfte werden Kinder und Jugendlichen besser auf die Gefahren und Risiken vorbereitet. Außerdem lernen sie so einen verantwortungsvollen und selbstbestimmten Umgang mit Smartphones.

Die Erfahrung zeigt, dass Jugendliche Verbote oft leicht umgehen können, während eine enge Begleitung ihnen die Möglichkeit gibt, bei Problemen Unterstützung zu suchen. Auch einige Lehrer*innen sehen ein Smartphone-Verbot kritisch. Denn es wäre dann ihre Aufgabe, dieses Verbot im Schulalltag durchzusetzen. Konflikte und eine erhöhte Arbeitsbelastung wären vorprogrammiert.

Handyverbot an Schulen – ein Blick in die Nachbarländer

  • In Frankreich sind Handys seit 2010 im Unterricht verboten und seit 2018 auch während der gesamten Schulzeit – also zum Beispiel auch in den Pausen. Diese Regelung gilt für alle Schulformen bis zu den Lycées, die von Schüler*innen von 15 bis 18 Jahren besucht werden.
  • Auch in Italien gibt es bereits seit 2007 ein Verbot von Handys im Unterricht. Dieses Verbot wurde über die Jahre immer wieder angepasst. In dem nun startenden Schuljahr sollen Smartphones nun auch nicht mehr für Unterrichtszwecke benutzt werden dürfen.
  • In den Niederlanden gilt ab September 2024 eine dringende Empfehlung des Bildungsministeriums, Smartphones in Klassenzimmern zu verbieten. Diese Regelung gilt schon seit Beginn des Jahres für weiterführende Schulen und wird nun auf andere Schulformen ausgeweitet. Da es sich nicht um ein gesetzliches Verbot handelt, können Schulen aber nach wie vor selbst entscheiden, ob Smartphones genutzt werden dürfen oder nicht.
  • Auch Großbritannien geht den Weg einer klaren Empfehlung, die allerdings kein gesetzliches Verbot ist. Im Februar 2024 wurde eine Leitlinie veröffentlicht, die Schulen empfiehlt, Smartphones beim Betreten des Schulgeländes einzusammeln und erst am Ende des Schultags wieder auszuhändigen. Für 16- bis 18-Jährige lässt die Leitlinie Spielraum, dass ihnen Smartphone-Zeit eingeräumt wird.

Welche Möglichkeiten gibt es außer Verboten? Tipps für Schulen

Was bei der Diskussion um Smartphone-Verbote an Schulen oft unerwähnt bleibt: Auch ohne ein bundesweites Verbot haben viele Schulen bereits Regelungen für den Umgang mit Smartphones gefunden. Diese sind zum Beispiel in der Hausordnung, dem schulischen Medienkonzept oder in einer speziellen „Handy-Ordnung“ festgehalten. Das Bild von einem Klassenzimmer, in dem alle Kinder mit dem Smartphone beschäftigt sind und kein Unterricht mehr möglich ist, entspricht also auch ohne bundesweites Smartphone-Verbot nicht dem Alltag an deutschen Schulen.

In vielen Schulen gibt es bereits erfolgreiche Ansätze, die Nutzung von Smartphones sinnvoll im Schulalltag zu regeln, ohne sie komplett zu verbieten. Einige Schulen setzen auf verbindliche Regeln zur Handynutzung, kombiniert mit gezielter Aufklärung über digitale Medien. Dieser präventive Ansatz sollte spätestens ab der 5. Klasse beginnen und durch spezielle Elterntrainings ergänzt werden. Im Peer-to-Peer-Ansatz geben ältere Schüler*innen, die als Medienscouts ausgebildet werden, ihr Wissen über eine angemessene Mediennutzung an jüngere Mitschüler*innen weiter und stehen als vertrauenswürdige Ansprechpersonen zur Verfügung.

Tipps für Schulen:

  1. Etablieren Sie klare Regeln: Definieren Sie in einer Smartphone-Ordnung feste Zeiten und Orte, an denen Smartphones genutzt werden dürfen. Vorlagen gibt es zum Beispiel beim Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat hier einige Good-Practice-Beispiele gesammelt. Bedenken Sie, dass die Handyordnung im Einklang mit dem Schulgesetz Ihres jeweiligen Bundeslandes stehen muss.
  2. Beziehen Sie die Schüler*innen mit ein: Die Akzeptanz für Regeln wird in der Schüler*innenschaft höher sein, wenn sie bei der Erstellung der Regeln miteinbezogen wurden. Auch die Kinderrechte gebieten, dass Kinder bei allen Entscheidungen, die sie betreffen, angehört werden.
  3. Vermitteln Sie Medienkompetenz: Integrieren Sie regelmäßig Unterrichtseinheiten zur sicheren und verantwortungsvollen Nutzung digitaler Medien. Bei klicksafe finden Sie dazu viele Unterrichtsmaterialien.
  4. Beziehen Sie die Eltern ein: Bieten Sie Informationsveranstaltungen oder Trainings an, um Eltern in die Medienerziehung einzubinden. Bei klicksafe finden Sie verschiedene Ratgeber und Flyer für Eltern.
  5. Führen Sie Peer-to-Peer-Projekte ein: Setzen Sie Medienscout-Programme ein und unterstützen Sie so eine Medienkompetenzvermittlung auf Augenhöhe.
  6. Offene Kommunikation: Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der sich Schüler*innen bei Problemen mit der Handynutzung an Sie wenden können. Das kann zum Beispiel im Rahmen einer eigenen Sprechstunde rund um alle digitalen Themen geschehen.

Lesetipp: scout Magazin „Alles verbieten!?“

Das scout Magazin widmet sich in seiner aktuellen Ausgabe unter dem Titel „Alles verbieten!?“ der Frage nach einem generellen Handyverbot an deutschen Schulen. Das Magazin bietet einen guten Überblick zu diesem komplexen Thema. Außerdem kommen verschiedene Personen aus Medienpädagogik, Bildungswesen und nicht zuletzt auch Kinder und Jugendliche selbst zu Wort.

Alle Artikel des scout Magazins sind online verfügbar. Außerdem kann das Magazin kostenlos bei der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein bestellt und auch als PDF-Version heruntergeladen werden.