Das Internet spielt eine zentrale Rolle bei der Verbreitung rechtsextremistischer Hasspropaganda. Rechtsextreme instrumentalisieren Gaming-Plattformen, Messenger-Gruppen und andere Social Communities mit großer Reichweite, um ihre demokratiefeindlichen und rassistischen Ideologien zu verbreiten. Die verwendeten Mechanismen sind meist subtil, zeitgemäß und knüpfen an jugendliche Lebenswelten an. Rechtsextreme Propaganda nutzt aktuelle Ereignisse, Trends und Themen sowie politische Debatten. Jugendliche auf der Suche nach der eigenen Identität und einem (politischen) Weltbild sind in besonderem Maße empfänglich und somit in ihrer Entwicklung gefährdet. Ihnen bieten Rechtsextreme ein Zugehörigkeitsgefühl und eine Erlebniswelt etwa mit spannenden Zeltlagern oder hippen Flashmob-Aktionen. Über Podcasts und Livestreams inszenieren sich Rechtsextreme publikumsnah. Die Internetpräsenzen von Rechtsextremen sehen oft harmlos, modern und jugendaffin aus – doch ist die Ideologie dahinter immer die gleiche: antidemokratisch, rassistisch und menschenverachtend.

Um gegen rechtsextreme Agitation vorzugehen, sind neben Engagement auch fundierte Informationen und pädagogisch aufbereitetes Unterrichtsmaterial nötig. Die Broschüre „Rechtsextremismus hat viele Gesichter. Wie man Rechtsextreme im Netz erkennt - und was man gegen Hass tun kann“ von klicksafe und jugendschutz.net verbindet das spezifische Know-how verschiedener kompetenter Organisationen.

Wie rechtsextreme Agitation im Netz funktioniert

Nicht immer ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass hinter zeitgemäßen Webangeboten rechtsextreme Inhalte stecken. Das Instrumentarium der Rechtsextremen im Internet stützt sich auf einige Grundstrategien:

Modernes Design
Entgegen dem Bild des „ewiggestrigen Neonazis“ präsentieren sich rechtsextreme Gruppen im Netz mit zeitgemäßen Auftritten. Professionelles Webdesign und eine jugendaffine Optik sprechen die Sehgewohnheiten von Jugendlichen an.

Jugendliche Subkultur
Rechtsextreme knüpfen bewusst an jugendliche Subkulturen an. Sie suchen online die Nähe zu angesagten Themen und Aktivitäten, um ihre Zielgruppe zu erreichen. Ihre ideologischen Absichten verbergen sie hinter der vorgeschobenen Thematik.

Internetphänomene
Egal ob Challenge, Meme oder Sarkasmus: was im Netz funktioniert, das wird von Rechtsextremen zur Agitation aufgegriffen.

Lifestyle
Viele Jugendliche interessieren sich für Sport und Ernährungsthemen. Auch im Netz sind entsprechende Angebote unter Schlagworten wie „Food-Porn“ oder „Motivation“ beliebt. Einige rechtsextreme Gruppen versuchen hier anzudocken.

Rechtsextreme Subkultur
Neben der Adaption von populären jugendlichen Subkulturen hat die rechtsextreme Szene inzwischen eine eigene Subkultur herausgebildet. Experten sprechen daher von „rechtsextremen Erlebniswelten“.

Aktionsorientierung
Mit spektakulären Aktionen, die bewusst für die spätere Verbreitung in Sozialen Netzwerken konzipiert sind, versucht die rechtsextreme Szene, sich besonders rebellisch und erfolgreich zu inszenieren.

Vernetzung
Rechtsextreme Gruppen suchen im Netz die Kooperation. Von harmloseren Auftritten sind besonders radikale Angebote oft nur wenige Klicks entfernt.

Finanzierung
Das Netz wird nicht nur zur Agitation genutzt. Auch in der Finanzierung von rechtsextremen Gruppen spielt es eine entscheidende Rolle. Anders als beim Ladenbesuch verspricht der Internethandel den Kunden Anonymität.

Musik
Über Musik lassen sich Jugendliche besonders leicht ködern. Auf Websites, Blogs und in Sozialen Netzwerken sind rechtsextreme Musikvideos problemlos einzubinden.

Zahlen und Fakten

Neben Statistiken zu Verstößen informiert jugendschutz.net jährlich im Lagebericht "Rechtsextremismus im Netz" über die Trends rechtsextremer Online-Propaganda und notwendige Maßnahmen.

 

Rechtsextreme Inhalte melden

Sie haben online einen Beitrag gesehen, der menschenverachtend, rassistisch oder demokratiefeindlich ist? Melden Sie solche Beiträge oder Hassaufrufe bei den enstprechenden Online-Diensten. Zunächst gilt es für die Dienste festzustellen, ob die Inhalte strafbar sind oder gegen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verstoßen. Viele Inhalte bewegen sich in einem Graubereich. Die Support-Teams der Plattformen schätzen dann ein, ob und wie gegen die Inhalte vorgegangen wird z.B. mit einer Löschung der unzulässigen Inhalte oder der betreffenden Nutzer*innen-Accounts. Nicht immer ist das direkte Melden von Hassinhalten in den Social-Media-Diensten erfolgreich. Melde- und Beschwerdestellen haben direktere Kontakte zu vielen Plattformbetreibern und erwirken häufiger die Löschung entsprechender Inhalte. Wenn eindeutig strafrechtlich relevante Inhalte vorliegen (Paragrafen §86, §86a und §130 Gebrauch verfassungsfeindlicher Symbole oder Volksverhetzung), können Sie bei der Polizei Anzeige erstatten.

Beratungstellen & Aussteigerprogramme

In vielen Bundesländern gibt es eigene Beratungsstellen und/oder Behörden, die Elternberatungen anbieten.

Tipps für Eltern

Klären Sie Ihr Kind darüber auf, dass es bei der Recherche nach bestimmten Schlagworten auf rechtsextreme Inhalte stoßen kann. Sensibilisieren Sie Ihr Kind dafür, solche Seiten auch anhand ihrer Wortwahl/Ausdrucksweise zu erkennen. Wer von "uns Deutschen"schreibt, schließt andere aus und sieht sie als minderwertig an. Wer vermeintlich lustige Witze macht ("Ich klaue wie alle Ausländer"), will vielleicht eher testen, wie Andere darauf reagieren, um mögliche Sympathisanten auszumachen. Sprüche wie "Wir lieben das Fremde in der Fremde" drücken Abgrenzung und Verachtung anderen gegenüber aus und sind nicht zu akzeptieren. Machen Sie Ihrem Kind die geschichtlichen Zusammenhänge klar: Wer gegen Minderheiten hetzt, steht in der Tradition der Nationalsozialisten und ihrer Politik der Vernichtung und Zerstörung. Verweisen Sie auf die Menschenrechte, verdeutlichen Sie, welche Vorteile auch Ihr Kind genießt, weil es in einer demokratischen Gesellschaft aufwächst.

Den Internetkonsum von Jugendlichen vollständig zu kontrollieren, ist weder möglich noch wünschenswert. Umso wichtiger ist es, dass Sie in Bezug auf die Mediennutzung ein unverkrampftes und offenes Verhältnis haben. So wird Ihr Kind genügend Vertrauen haben, mit Ihnen darüber zu sprechen, wenn es auf verstörende Inhalte gestoßen ist, ohne befürchten zu müssen, dass der Internetzugang auf dem Spiel steht. Wenn Sie merken oder erfahren, dass Ihr Kind rassistische, menschenverachtende oder sonstige hasserfüllte Beiträge gelesen oder gesehen hat, lassen Sie sich die Seite zeigen oder schildern. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, welches Weltbild hinter diesen Aussagen steht und warum diese Beiträge menschenverachtend sind. Sollte Ihr Kind bereits Sympathien für rechtsextreme Ansichten zeigen, bleiben Sie ruhig. Erklären Sie sachlich, worum es sich handelt und welche Absichten die Rechtsextremen haben, die dahinter stehen.

Ermutigen Sie Ihr Kind, rechtsextreme Inhalte bei geeigneten Stellen zu melden oder Sie dabei um Hilfe zu bitten. Erste Ansprechpartner sind Beschwerdestellen wie jugendschutz.net. Zusätzlich gibt es in Sozialen Netzwerken, auf Videoplattformen oder in Gaming-Portalen in aller Regel Buttons, um unangemessene Inhalte zu melden. In Foren oder auf Websites kann man sich neben der Meldung an die Beschwerdestelle auch an die Betreiber wenden.
Zusätzlich sollten Screenshots und Notizen (Datum, Uhrzeit, so vorhanden Nickname, etc.) als Beweise/Belege angefertigt werden. Je nach Alter können Sie Ihr Kind dabei unterstützen.

Erklären Sie Ihrem Kind, dass Texte nicht von sich aus im Internet erscheinen, sondern Herausgeber*innen haben, die bestimmte Interessen verfolgen. Spielen Sie Detektiv und finden Sie gemeinsam heraus, wer welche Botschaften online stellt. Wem darf man glauben? Welchen Hintergrund haben die Autor*innen und Herausgeber*innen? Warum betonen manche Bloganbieter, dass sie die freie Meinungsäußerung schützen möchten, die durch das Grundgesetz ohnehin gesichert ist? Was verbirgt sich hinter einer solchen Floskel? Ermuntern Sie Ihr Kind, Profile und Botschaften in Sozialen Netzwerken kritisch zu hinterfragen, bevor es Freundschaftsanfragen bestätigt oder andere Nutzer*innen kontaktiert. Welcher Nickname wurde gewählt? Wie sieht das Foto aus? Welche Slogans und Symbole tauchen auf? All dies können erste Hinweise sein. Empfehlen Sie Ihrem Kind, nur Freundschaftsanfragen von persönlich Bekannten zu bestätigen.

Geben Sie Ihrem Kind geeignete Argumente und Materialien an die Hand, um sich gegen rechtsextreme Parolen oder Kontaktversuche zu wehren.
Bestärken Sie Ihr Kind darin, sich gegen rechtsextreme Propaganda zu stellen und Behauptungen mit Fakten als falsch und verunglimpfend zu entlarven. Wo Gegenrede erhoben wird, signalisiert das: Hier sind Rechtsextreme nicht geduldet. Sollte Ihr Kind in Sozialen Netzwerken aktiv sein, ermuntern Sie es, sich mit Seiten und Gruppen zu verbinden, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus engagieren. Dadurch kann es seine Haltung gegen Hass und Intoleranz zum Ausdruck bringen. Tipp: Mit der App "KonterBunt" kann man spielerisch Gegenrede trainieren.
Sprechen Sie in diesem Zusammenhang mit Ihrem Kind auch über das Thema "Datenschutz und Privatsphäre". Private Informationen wie Anschrift, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse sollten weder öffentlich noch für alle "Kontakte" sichtbar in Soziale Netzwerke eingestellt werden. Auch bei Gegenkommentaren zu rechtsextremen Äußerungen sollten keine persönlichen Daten preisgegeben werden, die Rückschlüsse auf den vollständigen Namen, den Wohnort oder die Schule ermöglichen. Niemand muss sich der Gefahr aussetzen, im Netz oder im realen Leben von Rechtsextremen bedroht zu werden.