Das Internet spielt eine zentrale Rolle bei der Verbreitung rechtsextremer Hasspropaganda. Rechtsextreme instrumentalisieren Gaming-Plattformen, Messenger-Gruppen und andere Social Communities mit großer Reichweite, um ihre demokratiefeindlichen und rassistischen Ideologien zu verbreiten. Das Vorgehen ist dabei oft subtil, zeitgemäß und knüpfen an jugendliche Lebenswelten an. Zunehmend werden auch KI-generierte Deepfakes eingesetzt, um zu emotionalisieren und die extremen Positionen zu befeuern. Jugendliche auf der Suche nach der eigenen Identität und einem (politischen) Weltbild sind in besonderem Maße empfänglich und somit in ihrer Entwicklung gefährdet. Auch wenn die Internetauftritte von Rechtsextremen oft harmlos, modern und jugendaffin aussehen – die Ideologie dahinter ist immer die gleiche: antidemokratisch, rassistisch und menschenverachtend.
In unserem Themenbereich finden Sie Informationen zu rechtsextremer Propaganda im Internet und Hilfestellung dazu, wie Sie Jugendliche gegen diese starkmachen können.
Um gegen rechtsextreme Agitation vorzugehen, sind neben Engagement auch fundierte Informationen und pädagogisch aufbereitetes Unterrichtsmaterial nötig. Die Broschüre „Rechts. Extrem. Online. – Wie man Jugendliche gegen rechtsextreme Einflüsse im Internet stark macht“ von klicksafe und jugendschutz.net bietet Ihnen viele Hintergrundinformationen und sechs Unterrichtseinheiten, die junge Menschen befähigen, sich mit den Herausforderungen rechtsextremer Narrative im Netz kritisch und selbstbestimmt auseinanderzusetzen.
Rechtsextremismus heute
Mit Hass, Hetze und Angstpropaganda versuchen rechtsextreme und antidemokratische Kräfte, Einfluss in der Gesellschaft zu gewinnen. Ihre Themen: Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und der Hass auf LGBTQ+. Die rechtsextremen Angriffe finden dabei nicht nur im Internet oder verbal statt – seit Jahren ist ein Anstieg rechtsextremistischer Gewalt feststellbar.
Heute lässt sich die rechtsextreme Szene nicht mehr so klar umreißen wie teilweise noch in den frühen 2000er-Jahren. Vielmehr handelt es sich um unterschiedliche Mischszenen, von den sogenannten Wutbürger*innen über Verschwörungsgläubige und Rechtspopulist*innen bis hin zu rechtsextremen und rechtsterroristischen Milieus.
Das Internet bietet einen Raum, in dem demokratiefeindliche Gedanken und Aussagen sichtbarer werden. Gefährliche rechtsextreme Propaganda wird hier rund um die Uhr gepostet. Nicht zuletzt junge User*innen sind besonders im Visier von demokratiefeindliche Akteur*innen. Sie möchte man mit jugendaffinen Inhalten für die eigene Sache begeistern.
Recht und Gesetz
Einer der Grundpfeiler der Demokratie ist das Recht auf freie Meinungsäußerung, das in Deutschland durch Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes geschützt ist: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Das gilt zunächst auch für rechtsextreme Akteur*innen und deren menschenfeindliche und antidemokratische Ansichten.
Allerdings gilt dieses Recht nicht uneingeschränkt. So verbietet das Strafrecht, Schriften und Symbole zu verwenden, die für verbotene Parteien oder Vereinigungen stehen (§§ 86 und 86a Strafgesetzbuch). Das schließt beispielsweise das Hakenkreuz, den Hitlergruß, das Horst-Wessel-Lied oder bestimmte Losungen der SS und SA ein. Dazu gehören etwa „Meine Ehre heißt Treue“ oder „Alles für Deutschland“. Weiterhin darf nach § 130 Strafgesetzbuch niemand gegen Teile der Bevölkerung (zum Beispiel Jüdinnen*Juden, Ausländer*innen, Asylsuchende) hetzen, zur Gewalt gegen sie aufrufen oder ihre Menschenwürde angreifen. In diesem Paragrafen wird auch die Leugnung des Holocaust unter Strafe gestellt.
Das bloße Anschauen (oder das Herunterladen aus dem Internet) von strafrechtlich verbotenen Inhalten ist allerdings keine Straftat. Verboten ist, solche Texte, Bilder und Symbole zu verbreiten oder sie öffentlich zugänglich zu machen, also im Netz zu teilen.
Rechtsextreme Onlinestrategien: Trend und Tarnung
Längst schon findet die Beeinflussung von Heranwachsenden durch Rechtsextreme nicht mehr nur auf der Straße statt. Ob YouTube, Instagram oder TikTok – die beliebtesten Social-Media-Dienste und Online-Subkulturen von Jugendlichen werden genutzt, um rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten.
Die Anknüpfungspunkte reichen vom klassischen Gaming und dessen Plattformen über die Umdeutung von Geschichtsbildern auf Instagram hin zu gezielter Desinformation auf Ausweichplattformen wie Telegram. Für die rechtsextreme Propaganda werden audiovisuelle Formate wie Memes, Musik, Reels, Podcasts, Blogs oder flüchtige Inhalte wie Storys oder Snaps genutzt. Angepasst an die Plattformen werden die Inhalte mal harmlos verpackt oder offen menschenfeindlich verbreitet.
Auf populären Plattformen werden wegen der strengeren Richtlinien rechtsextreme Inhalte eher subtil geteilt, daher wird oftmals auf sogenannte Ausweichplattformen verwiesen (z. B. Telegram, Discord und SoundCloud). Auf diesen können Akteur*innen ihre Inhalte verbreiten, ohne Konsequenzen – wie beispielsweise die Löschung des Accounts – fürchten zu müssen.
Propaganda auf populären Social-Media-Plattformen
Auf Diensten wie TikTok oder Instagram betreiben (extrem) rechte Akteur*innen ihre Profile wie Influencer*innen. Neben Einblicken aus dem persönlichen Leben und unverfänglichem Content werden auch rechtsextreme Weltanschauungen vermittelt. Zum Beispiel mit kurze Musikclips, hinterlegt mit einschlägigem Bildmaterial, mit tendenziöse Straßenumfragen oder mit Podcasts, die das aktuelle Tagesgeschehen im Sinne der demokratiefeindlichen Ideologie kommentieren.
Games als Einfallstor für rechtsextreme Propaganda
Gaming ist in der Alltagswelt von Kindern und Jugendlichen präsent. Dabei spielen nicht nur Games eine große Rolle, sondern auch die In-Game-Kommunikation oder die Vernetzung über Plattformen wie Steam oder Discord. Rechtsextreme Akteur*innen beteiligen sich gezielt an diesen Communities und verbreiten dort ihre Ansichten. Aber auch in Spielen selbst können rechtsextreme Personen aktiv sein. In dem Spiel Roblox beispielsweise, in dessen Rahmen die Spieler*innen eigene Inhalte erstellen können, werden teils holocaustverharmlosende oder rechtsextreme Gewalt verherrlichende Inhalte verbreitet.

Rechtsextreme Musik
Das Angebot an rechtsextremer Musik im Netz hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Schon lange ist der klassische „Rechtsrock“, wie er von Bands wie „Landser“ oder „Stahlgewitter“ bekannt ist, nicht mehr die einzige Spielart, wenngleich noch von großer Bedeutung. Auch Hardcore-Punk (NSHC) oder Black Metal (NSBM) sind beliebte Genres, die rechtsextreme Bands nutzen. Ebenso werden Neofolk oder elektronische Musik genutzt, und nicht zuletzt ist auch Rap, eines der beliebtesten Musikgenres gegenwärtiger Jugendkultur, ein Ausdrucksmittel rechtsextremer Musiker*innen.
Musikalische Trends bei TikTok, wie das Lipsyncing, werden auch von Rechtsextremen genutzt. Dabei werden mittlerweile nicht mehr nur Pop-Songs nachgesungen, sondern auch rechtsextreme Lieder oder Song-Ausschnitte.
Wenn Party-Songs plötzlich rassistische Botschaften transportieren
Große Aufmerksamkeit erlangte Anfang 2024 ein Video aus einem Sylter Club: Zu den Technobeats des Songs „L’amour toujour“ von Gigi D’Agostino grölten Personen im Takt „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“. Der Song wird auf TikTok auch weiterhin als normale Partyhymne verbreitet, jedoch finden sich regelmäßig Kommentare, die das Lied mit dem rassistischen Text direkt in Verbindung bringen. Damit verbreitet sich die rechtsextreme Botschaft auch ohne klare Worte; die Melodie oder „Döp dödödöp“ als Worte genügen, um eine rassistische Anspielung zu machen. Immer wieder ist seitdem zu beobachten, dass bekannte Partylieder genutzt werden, um menschenverachtende Aussagen zu transportieren. Beispielsweise bei der Wahlparty der AfD im September 2024 in Brandenburg mit dem Lied „Das geht ab!“ von Die Atzen. Hier wurde der ursprüngliche Text lautstark mit der Textzeile „Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab, sie alle ab“ übersungen.
Memes und Humor
Ein häufiges Problem von rechtsextremen Memes ist die Verschiebung von Grenzen des eingesetzten Humors. Hinter sogenannten Dark Memes (Online-Szenebezeichnung für vermeintlich schwarzhumorige Memes) stecken meist Inhalte, die menschenverachtend sind und unter dem Deckmantel harmloser Witze viral gehen. Eine bewusste Gratwanderung bei rassistischen und demokratiefeindlichen Aussagen ist problematisch, weil sie eine Verschiebung des noch respektvollen Umgangstones miteinander bewirkt. Durch das schnelle Teilen der als „politisch inkorrekt“ gelabelten, rechtsextremen Aussagen entsteht zunächst der Eindruck, diese Inhalte seien „witzig“ und nicht ernst gemeint. Es kann jedoch zu einer Normalisierung menschenfeindlicher Narrative beitragen.
Symbole, Emojis, Codes
Während Rechtsextreme einerseits offen gegen bestimmte Menschengruppen hetzen, haben sich andererseits Kommunikationswege etabliert, die verstecktere Formen von Propaganda ermöglichen. Abwertender Humor, Provokation, neue Wortschöpfungen – damit können sie ihre diskriminierenden und rassistischen Ansichten verpacken und im Digitalen Raum verbreiten. Die Chiffren sind zugleich Erkennungsmerkmale und Zugehörigkeitsmarker für Rechtsextreme.
Über Symbole, Emojis und Codes wird Menschenfeindlichkeit in subtiler Form transportiert. Außerdem wird so versucht, strafrechtliche Grenzen und Sanktionen bzw. Sperrungen der Social-Media-Plattformen zu umgehen. Das Ganze nennt sich auch Dog Whistling (vom englischen Dog whistle – Hundepfeife, die nur von Hunden, aber nicht vom Menschen gehört werden kann). Darunter versteht man Andeutungen, also verschlüsselte Botschaften, bei denen die Absicht der Aussage für Eingeweihte eindeutig ist, jedoch im Wortlaut nicht explizit genannt wird. Hierunter fallen solche (extrem) rechten Codes, Emojis, Symbole, Hashtags, Memes, Abkürzungen, Begriffe etc.
Von Fake News und alternativen Fakten: Desinformation als rechtsextremes Kerngeschäft
In der heutigen Informationsgesellschaft sind Fake News und alternative Fakten mittlerweile zu einem zentralen Instrument rechtsextremer Strömungen geworden. Diese Gruppen nutzen gezielte Desinformation, um Ängste zu schüren, Vorurteile zu verstärken und ihre Ideologien zu legitimieren. Durch das Anknüpfen an die Emotionen der Rezipient*innen kann eine hohe Reichweite erlangt werden. Entsprechend häufig gehen Desinformationen mit einer hasserfüllten Kommentierung einher: In den Kommentarbereichen provozieren sich User*innen teilweise in einem solchen Ausmaß, dass es sogar bis zu gegenseitigen Gewaltaufrufen eskalieren kann.
Durch die Verbreitung von manipulierten Nachrichten zum Beispiel in sozialen Medien erreichen rechtsextreme Akteur*innen ein breites Publikum und schaffen ein verzerrtes Weltbild, das ihre extremistischen Ansichten stützt. Durch Desinformation zielen sie darauf ab, das Vertrauen in unabhängige Medien und demokratische Institutionen zu untergraben. Diese Strategie dient einerseits zur Mobilisierung von Anhänger*innen. Andererseits ist es auch ein gefährlicher Angriff auf den sozialen Zusammenhalt und die demokratische Grundordnung.
Rechtsextreme nutzen vermehrt auch Künstliche Intelligenz und Deepfakes für ihre Online-Strategie. Insgesamt führt generative KI zu einer erhöhten und beschleunigten Produktion rechtsextremer Online-Inhalte, insbesondere von Sharepics und Memes. Bilder können nun mithilfe einfacher Befehle schnell und zielgerichtet erstellt werden. Auch komplexere Bildkompositionen sind für die KI keine Herausforderung. So existieren sogenannte Kippbilder, die auf den ersten Blick wie eine detailreiche, harmlose Szenerie wirken, beispielsweise das Porträt einer Frau. Mit einem erweiterten Blick werden verbotene Kennzeichen sichtbar, wenn dann beispielweise die Kleidung der Frau ein Hakenkreuz bildet.
Für Heranwachsende ist es schwierig zu unterscheiden, welche Inhalte in Sozialen Medien von vertrauenswürdigen Quellen stammen und welche mit großer Vorsicht zu betrachten sind. Sie benötigen Hilfe von kompetenten Erwachsenen, die sie begleiten und ihnen die nötigen Fähigkeiten vermitteln, um Fake News und Desinformationen zu erkennen.
Digitale Zivilcourage: Aktiv gegen Rechtsextremismus online
Rechtsextreme diskutieren überall im Internet mit, sei es bei sozialpolitischen, popkulturellen oder beliebigen anderen Themen. Dabei wollen sie sich jedoch nicht informieren und austauschen, sondern ihre Propaganda verbreiten und den Diskurs stören. In diesem Rahmen ist es wichtig, den menschenfeindlichen, geschichtsrevisionistischen oder rassistischen Aussagen klar entgegenzutreten. Es geht nicht darum, die Gegenseite zu überzeugen, sondern darum, die falschen und menschenfeindlichen Aussagen zu entlarven. Jede Gegenrede signalisiert: Rechtsextreme sind hier nicht geduldet!
Wenn man gegen rechtsextremes Gedankengut im Netz oder im realen Leben vorgehen möchte, sollte man sich an einige Grundsätze halten:
- Informiere Gleichgesinnte und Freund*innen, geht gemeinsam dagegen vor!
- Positioniere dich selbst!
- Beleidige niemanden, auch wenn es die andere Seite tut!
- Informiere dich, Faktenwissen ist wichtig!
- Schütze deine eigenen Daten!
- Zeige Solidarität mit den Betroffenen!
Rechtsextreme Inhalte auf Social Media melden
Bei den großen Social-Media-Diensten ist immer die Möglichkeit gegeben, Inhalte zu melden, die gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Dienstes oder deutsche und europäische Gesetze verstoßen. Die Dienste reagieren auf die Meldung bei vorliegendem Verstoß mit einer Löschung der Inhalte oder der betreffenden Nutzer*innen-Accounts.
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