Verbreitung von Pornografie unter Jugendlichen

In den letzten Monaten war vermehrt davon zu lesen, dass Minderjährige Abbildungen von Kindesmissbrauch über Messenger-Dienste verbreiten. Die Polizeiliche Kriminalprävention des Bundes und der Länder geht das Thema mit der neuen Kampagne „Kinderpornografie – Melden, statt weiterleiten“ aktiv an. Vom Bayerischen Landeskriminalamt gibt es aktuelle Zahlen zu minderjährigen Verbreiter:innen von Pornografie, die Impulse für die Präventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen geben können.

Der aktuelle Bericht der kriminologischen Forschungsgruppe der Bayrischen Polizei widmet sich in einem Sonderteil der „Verbreitung von Pornografie unter Jugendlichen“. Untersucht wurde die illegale Verbreitung von Pornografie durch Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren. In Bayern wurden im vergangenen Jahr 621 Personen zwischen 14 und 17 Jahren wegen Verbreitung pornografischer Schriften angeklagt. Im Bericht wurden nur Delikte untersucht, die der Polizei bekannt geworden sind. Daher ist zu vermuten, dass die tatsächliche Anzahl der Delikte weitaus höher ist.

Was sind die Erkenntnisse aus dem Bericht der Bayrischen Polizei?

Der Bericht zeigt, dass es sich beim größten Teil (57,6 %) der verbreiteten Kinder- und Jugendpornografie um freiwillig angefertigte „Pornselfies“ handelt, zum Beispiel Nacktbilder. Das legt nahe, dass Aufnahmen sexualisierter Gewalt an Minderjährigen in geringerem Umfang verbreitet werden. Die Zahlen werfen vor allem ein Schlaglicht auf die häufige Weiterverbreitung von intimen Fotos ohne das Einverständnis der abgebildeten Person. Laut Bericht traf das auf 76 % der gefundenen "Pornselfies" von Minderjährigen zu.

Was weiß man zu Tätern und Betroffenen?

Bei der Verbreitung von ursprünglich freiwillig angefertigten "Pornselfies" lässt sich beobachten, dass es ein deutliches Missverhältnis zwischen Mädchen und Jungen gibt. In 93,3 % der Fälle wurden Bilder von Mädchen ungefragt verbreitet. Die jugendlichen Täter, die wegen Verbreitung von Pornografie erfasst wurden, sind mit 83,6 % mehrheitlich Jungen.

Was lässt sich daraus für die Präventionsarbeit ableiten?

  • Kinder und Jugendliche müssen dringend über gesetzliche und ethische Grenzen in der Online-Kommunikation aufgeklärt werden wie z. B. "Das Recht am eigenen Bild" und die Konsequenzen beim Verbreiten von strafbaren Inhalten. Im Kontext der Pornografie eignet sich das klicksafe-Themenmodul "Let's Talk About Porno" und die dazugehörigen Arbeitsblätter. Die Erstellung von Regeln für den Klassenchat ist eine gute Möglichkeit, um mit Kindern Regeln für die Online-Kommunikation zu erarbeiten. Für die Peer-Education kann das Arbeitsmaterial "Zu nackt fürs Internet?" genutzt werden.
  • Beim Thema der freiwillig erstellten intimen Bilder („Sexting“ oder „Pornselfies“) benötigen Jugendliche Informationen und Hilfestellung zu möglichen Risiken und zum richtigen Umgang. Im klicksafe-Themenbereich Sexting geben wir Antworten auf die Frage "Was kann schief gehen?" und geben Handlungsempfehlungen für Jugendliche, Eltern und pädagogische Fachkräfte.
  • Betroffene sollten ermutigt werden, sich Hilfe zu suchen. Grundstein dafür ist es, über Themen wie Pornografienutzung und Sexting ins Gespräch zu kommen und sie zu entstigmatisieren. Denn Betroffene trauen sich oft aus Scham nicht, sich an Bezugspersonen zu wenden. Kindern und Jugendlichen sollten auch präventiv anonyme Hilfsangebote wie die Nummer gegen Kummer oder jugend.support bekannt gemacht werden.
  • Kinder und Jugendliche müssen befähigt werden, angemessen zu reagieren, wenn Peers illegale Inhalte in Chatgruppen verbreiten. Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes widmet sich in einer neuen Kampagne dem Thema "Verbreitung von Kinderpornografie durch Jugendliche" und zeigt Handlungsoptionen auf.

Weitere Informationen

Anmerkung zum Begriff "Kinderpornografie"

Das deutsche Strafgesetzbuch nutzt nach wie vor den Begriff "kinderpornografische Schriften". Die Bayrische Polizei orientiert sich in ihrer Formulierung an dem aktuellen Gesetzestext und nutzt den Begriff "Kinderpornografie", den wir in Bezug auf den Bericht und das Strafgesetzbuch in diesem Artikel auch benutzen. Seit einigen Jahren gibt es Bestrebungen, den Begriff "Kinderpornografie" durch Formulierungen wie „Abbildungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ zu ersetzen. Unlängst hatte auch die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt verabschiedet, der diese Formulierung als Standard etablieren soll. Weitere Informationen zu dem Sachverhalt findet man in den Luxembourg Guidelines.