Kettenbriefe in digitalen Medien

Früher kamen Kettenbriefe mit der Post oder E-Mail. Heute werden Kettenbriefe vor allem über WhatsApp oder andere Social-Media-Apps versendet. Durch die einfache Art des Teilens verbreiten sich die Kettenbriefe innerhalb des Netzwerks wie ein Lauffeuer.

Generell tauchen Kettenbriefe immer in Wellen auf z.B. zu Schulbeginn. Irgendwann ebbt der eine Kettenbrief wieder ab und der nächste erscheint auf der Bildfläche. Viele Kettenbriefe sind eigentlich schon sehr alt und sind früher schon per E-Mail versendet worden.

Viele Grundschulkinder haben bereits WhatsApp-Konten und kommen so mit verschiedensten Kettenbriefen in Berührung, von denen sie die Inhalte zum Teil nicht einschätzen können – „vorsorglich“ wird daher alles weitergeschickt. Meist werden in WhatsApp nur harmlose Scherze massenhaft geteilt. Manchmal beinhalten Kettenbriefe aber auch Todesdrohungen, Gruselgeschichten oder Nachrichten, welche einen großen sozialen Druck auslösen, weil sie mitunter die Beliebtheit eines Kindes messen. Es ist für Erwachsene wie auch für Kinder wichtig, dass inhaltlich zwischen „Spaßigem“ und ernsteren Inhalten wie Morddrohungen/Einschüchterungen oder Betrug unterschieden werden kann.

Arten von Kettenbriefen

Egal, ob vor einem bösen Menschen oder einer Krankheit gewarnt wird – Ziel der Nachricht ist, dass sie schnell verbreitet wird und mit der Angst der Empfänger*innen spielt. Ob die vermeintliche Gefahr nun stimmt oder nicht, wird gar nicht hinterfragt – Hauptsache, sie verbreitet sich. Geteilt werden solche Nachrichten übrigens von Jung und Alt. Dazu zählen auch angebliche Spendenaufrufe (z.B. Plasmaspenden), Warnungen vor Viren oder anderer Schadsoftware.

Derartige Meldungen sind saisonalen Schwankungen unterworfen und greifen oft Themen auf, die verängstigen sollen und aktuell in (Boulevard-)Medien zu finden sind. Sie richten sich gegen bestimmte Gruppen oder Phänomene (z.B. Tierquäler*innen, „Sozialschmarotzer“, Flüchtlinge, politisch Andersdenkende etc.). Oft werden reißerische Aufmachungen oder dramatische Bilder verwendet, die eigentlich gar nichts mit dem Thema zu tun haben oder völlig aus dem Zusammenhang gerissen sind.

Besonders bei Schüler*innen sind witzige Aktionen und Flashmob-ähnliche Events sehr beliebt. Oft werden solche Aktivitäten über WhatsApp verbreitet und dort wie wild geteilt. Inhaltlich dreht es sich meistens um das Tragen eines einheitlichen Outfits oder der Durchführung gemeinsamer Aktivitäten, welche während des Schulalltags eingeplant werden. Die Organisator*innen hoffen natürlich, möglichst viele Leute für ihre Aktion zu begeistern.

Bedrohliche Kettenbriefe, die Angst machen sollen, verbreiten sich besonders schnell. Dabei gibt es verschiedene Bedrohungsszenarien: Der Tod der Eltern, der eigene Tod oder das Erscheinen eines Monsters. Nicht selten wird der Effekt solcher Nachrichten durch Videos oder angehängte Audiodateien verstärkt. Manchmal finden sich diese Gruselgeschichten auch als Video auf YouTube wieder und auch bei einer Google-Recherche finden sich vermeintliche „Beweise“ für die Echtheit dieser Stories. Ein Beispiel ist die Kunstfigur „Slenderman“, die ursprünglich als Kunstprojekt entstanden ist und schließlich Einzug in die Jugendkultur gehalten hat.

In die Kategorie Clickbaiting (Engl. „bait“ = „Köder“) fallen vor allem reißerische Inhalte.  Mit dramatischen Bildern und sensationellen Bildunterschriften verleiten sie das Publikum dazu, auf einen Link zu klicken. Nach dem Klicken wird schnell klar, dass es die versprochenen Inhalte gar nicht gibt – oft fängt man sich damit Schadsoftware ein. Dies Sensationsnachricht fungiert also als „Köder“ zum Draufklicken.

Die erhaltenen Herzchen und Smileys haben nichts mit der eigenen Beliebtheit zu tun, sondern zeigen, wie viele Menschen im Freundeskreis jeden „Online-Blödsinn“ mitmachen.  Allerdings sollten diese Kettenbriefe nicht verharmlost werden, da sie auf Kinder und Jugendliche einen hohen sozialen Druck ausüben können.

Immer wieder tauchen Kettenbriefe auf, die vor steigenden WhatsApp-Gebühren oder der Löschung des WhatsApp-Kontos warnen – mittlerweile gibt es solche Nachrichten in zahlreichen Variationen. Was alle gemeinsam haben: der Wahrheitsgehalt ist gleich Null.

Kettenbriefe – Multiplikation als Ziel

„Schicke diese Nachricht an mindestens 10 Personen weiter“: Das Ziel eines jeden Kettenbriefes ist, dass der Inhalt möglichst viele Personen erreicht. Meist wird dies ausdrücklich verlangt und – sollte man dem nicht nachkommen – mit einer Drohung verknüpft. Doch nicht immer ist dies der Fall, denn manchmal heißt es etwas kryptischer: „Warne deine Bekannten“ oder „Wenn du das nicht willst, dann sag es weiter“ etc. Die meisten Kettenbriefe haben in irgendeiner Form eine Falschmeldung zum Inhalt. Manchmal dienen Kettenbriefe aber auch als Instrument zur Messung der eigenen Beliebtheit.

Warum werden Kettenbriefe überhaupt verschickt?

Wem nutzt es eigentlich, wenn andere Angst bekommen oder Herzchen im Internet verteilt werden? Die Hintergründe von Kettenbriefen sind vielfältig. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Macht auf andere ausüben
  • Langeweile
  • Fehlende Aufgaben

Immer wichtiger wird auch die Funktion von WhatsApp-Kettenbriefen als „Sozialbarometer“: Wie beliebt bin ich in meiner Klasse oder im Freundeskreis? Ausschlaggebend dafür ist die Anzahl der Nachrichten, die von den anderen wieder zurückgeschickt werden. Achtung: Solche augenscheinlich harmlosen Kettenbriefe können auf Kinder einen hohen sozialen Druck ausüben.

Umgang mit Kettenbriefen

Wenn sich Kinder mit einem WhatsApp-Kettenbrief an Sie wenden, sollten Sie das auf jeden Fall ernst nehmen –  egal, welche Art von Kettenbrief es sich handelt. Kettenbriefe verbreiten sich in WhatsApp rasend schnell und können vor allem bei kleineren Kindern großen Ängste hervorrufen. 

Hier finden Sie Tipps, wie Eltern und Lehrende das Thema Kettenbriefe mit Kindern besprechen können:

Sprechen Sie das Thema von sich aus an/fragen Sie in der Klasse nach, welche Kettenbriefe gerade im Umlauf sind und erklären Sie, was Kettenbriefe sind. Kindern ist oft nicht bewusst, was hinter Kettenbriefen steckt und dass die darin beschriebenen „Gefahren“ nichts mit der Realität zu tun haben.

Nehmen Sie die Ängste von Kindern ernst! Wenn ein Kind sich Sorgen macht, dass es selbst oder eine nahestehende Person sterben könnte, oder dass es in der Klasse unbeliebt wird, dann sind diese Sorgen ganz real und oft auch sehr mächtig. Nicht immer ist es einfach, diese irrationalen Ängste mit vernünftigen Argumenten zu entkräften. Vielleicht hilft es aber, Geschichten aus der eigenen Vergangenheit zu erzählen, schließlich war jede*r von uns in der eigenen Kindheit mit Kettenbriefen (über andere Medien) konfrontiert und uns ist kein Unglück widerfahren.

Diskutieren Sie mit Kindern, welche Kettenbriefe weitergeschickt werden können und welche nicht, legen Sie klare Regeln fest. Nicht alle Kettenbriefe sind bedrohlich bzw. bedenklich, manche sind einfach auch nur nett! Gehen Sie gemeinsam die Kettenbriefe durch, und üben Sie gemeinsam, „gruselige“ Kettenbriefe nicht weiterzuschicken, um nicht noch weitere Kinder unnötig zu ängstigen. Kettenbriefe mit unangenehmen Inhalten einfach gleich löschen!

Machen Sie Ihrem Kind immer wieder klar, dass nichts Schlimmes passiert, wenn man einen Kettenbrief nicht weiterschickt. Wenn Sie Ihr Kind begleiten, wird es im Laufe der Zeit die Sicherheit gewinnen, dass die in Kettenbriefen angedrohten Gefahren nicht real sind.

Der Kettenbrief-Chatbot von Saferinternet.at

Der Kettenbrief-Roboter unterstützt Kinder beim Umgang mit angsteinflößenden und weiteren Kettenbriefen. Anstatt einen Kettenbrief auf WhatsApp im Freundeskreis weiterzuleiten, können Kinder ihn an die Nummer 0681 10 809 449 schicken.

Weitere Informationen