Meinungsbildungskompetenz

Jugendliche sollten ein kritisches Bewusstsein gegenüber Informationen entwickeln und journalistische Texte beurteilen können. Um daraus eine Meinung und eine eigene Haltung zu entwickeln, sind aber noch weitere Kompetenzen nötig. Hierfür brauchen Jugendliche ein Grund­wissen, das aus Sachkompetenz, Sozialkompetenz und ethischer Kompetenz besteht. Im Folgenden werden diese drei Säulen der Meinungsbildungskompetenz kurz vorgestellt. Tiefergehende Informationen zu den unten angesprochenen Themen finden sich im klicksafe-Material „Ethik macht klick – Meinungsbildung in der digitalen Welt“ in Kapitel 7 „Wie informiere ich mich und bilde mir eine Meinung?“.

Sachkompetenz: Medien und digitale Öffentlichkeiten verstehen

Da sich Wissen zu einem großen Teil medial vermittelt und moderne Gesellschaften untrennbar mit Medienkommunikation verbunden sind, sollte bei Jugendlichen neben dem faktischen Wissen auch das Wissen über Medien und digitale Kommunkationsstrukturen ausgebildet werden.

Um diesbezüglich ein kritisches Bewusstsein zu entwickeln, benötigen Jugendliche Kenntnisse darüber, wie das deutsche Mediensystem aufgebaut ist und welche Rahmen­bedingungen hinter digitalen Öffentlichkeiten stehen.

Seit Mitte der 2000er-Jahre erfolgt der Informations­fluss in der Gesellschaft nicht mehr nur über redaktio­nell gesteuerten Medien, sondern für viele vor allem auch über soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube, Twitter und Co.. Daher ist es für Jugendliche notwendig, die technologischen und wirtschaftlichen Hinter­gründe von Social-Media-Plattformen und Suchmaschinen wie Google kennenzulernen und zu verstehen.

Nachrichten und Beiträge auf diesen Plattformen werden von algorithmischen Prozessen gesteuert. Die Relevanz bemisst sich dabei weniger an journalistischen Leitwerten (z. B. Wahrheit, Vielfalt) als vielmehr an der unmittelbaren Reaktion des Publikums (z. B. Klickzahlen) und den maschinell dokumentierten Surf-Gewohnheiten der Nutzer*innen. Das führt zu einem zunehmend personalisierten und maschinell zusammengestellten Informationsangebot. Dieses medien- und kommunikationsspezifische Hintergrundwissen hilft Schüler*innen auch dabei, die Vertrauenswürdigkeit von Quellen besser einschätzen zu können.

Sozialkompetenz: Diskussionen führen und am Diskurs teilhaben können

Die aktive Teilnahme am öffentlichen Diskurs war noch nie so einfach möglich wie heute. Jede*r kann sich im Web oder in den sozialen Netzwerken jederzeit direkt mitteilen. Diese neue Rolle als Sender*in und nicht mehr nur als Empfänger*in von Informationen, bringt eine neue Verant­wortung mit sich, für die Jugendliche sensibilisiert werden sollten.

Denn um aktiv und informiert am gesellschaftlichen Diskurs teilhaben zu können, sollten sie ein Grundverständnis für die eigene Rolle in digitalen Öffentlichkeiten entwickeln, die ihnen aufgrund der eigenen Reichweite und Vervielfältigungseffekten einen reflektierten Umgang mit Informationen abverlangt. Dazu zählt sowohl das Bewusstsein für die Existenz sowie die Wirkungsweise von Desinformation als auch der eigene kritische Umgang mit manipulativen Inhalten und Falschinformationen. Schüler*innen sollten darin gefördert und unterstützt werden, für die eigene Meinung einzustehen, auch gegen die eigene Peergroup oder Eltern oder Lehrkräfte.

Damit eine Diskussion gelingen und fruchtbar sein kann, sollten bestimmte Regeln – auch des sozialen Miteinanders – eingehalten werden:

  1. Begründe deinen Standpunkt!
    Um andere von deinem Standpunkt zu überzeugen, brauchst du Argumente, also Gründe für deine Meinung.
  2. Informiere dich!
    Gute Argumente beruhen auf Wissen. Sie überzeugen nur dann, wenn sie auf richtigen Annahmen beruhen.
  3. Erläutere deine Argumente!
    Versuche, den anderen deinen Standpunkt genau zu erläutern und mit Beispielen zu belegen.
  4. Bedenke die Gegenposition!
    Versuche, auch die Gegenseite zu verstehen und mit einzubinden.
  5. Hört euch gegenseitig zu!
    Wer andere überzeugen möchte, muss selbst auch zuhören und bereit sein, sich überzeugen zu lassen.
  6. Seid fair zueinander!
    Gehe freundlich mit deinem Gegenüber um und bleibe ruhig!

Ethische Kompetenz: Eine Haltung entwickeln

Haltungen lassen sich als die DNA einer Wertebildung verstehen. Schon für Aristoteles war die Haltung eine Tugend, die sich im Handeln zeigt und die man erlangt, indem man sie einübt. In diesem Verständnis ist Haltung ein dynamisches Konzept, das sich im Laufe der Zeit in die Disposition eines Menschen ein­schreibt.

Haltungen entwickeln sich auf diese Weise zu einem Teil der individuellen, stabilen und reflektierten Persönlichkeit, die sich im eigenen Handeln manifestiert. Identitätsbildung und Handeln stehen dabei in einem reziproken Verhältnis zueinander. Die personale Identität auf der einen Seite ist die Voraussetzung, um – auch politisch – handeln zu können. Auf der anderen Seite wird die Identitätsbildung und damit auch die Festigung von Meinungen maßgeblich durch das eigene Handeln beeinflusst. Haltung in diesem Sinne ist mehr als nur eine Einstellung, da sie auf Handeln abzielt und den Widerspruch zwischen den Wertvorstellungen und dem daraus resultierenden Tun aufhebt.

Meinungsbildung in einer Demokratie sollte durch ein Ethos grundiert sein, das die freiheit­lich demokratische Grundordnung wertschätzt und die faktische Wirklichkeit anerkennt. Für die Ausbildung der ethischen Kompetenzen von Jugendlichenim Rahmen der Meinungsbildung bedeutet das, dass ihr Wahrheits- und Informationsinteresse entwickelt und geför­dert werden sollte.

Darüber hinaus sollten sie um die Bedeutung von Meinungsfreiheit und einer freien Presse für die individuelle Meinungs- und die politische Willensbildung in einer Demokratie wissen. Dieses Wissen könnte zu einer Wertschätzung für die Rolle des Journalismus führen und damit ein Korrektiv gegenüber populistischer Desinformation sein. Jugendliche sollten als künftige Wähler*innen Vertrauen in seriöse Informationsquellen und ebenso in die Demokratie und ihre Institutionen auf­bauen können, um später ihre Funktion als mündige Bürger*innen wahrnehmen zu können und letzt­lich die Demokratie zu stärken.