Problematische Inhalte bei Influencer*innen

Bei der kritischen Auseinandersetzung mit Influencer liegt der Fokus häufig auf der versteckten Werbung in Posts und Videos. Doch es gibt noch weitere problematische Inhalte und Tendenzen, auf die Kinder und Jugendliche sensibilisiert werden sollten. Nur so können sie ihre Idole im Netz kompetent und informiert einordnen.

Neben versteckter Werbung können Influencer durch verschiedene andere problematische Aspekte auffallen, wie etwa:

  • Verzerrte Realitätsdarstellungen: Influencer*innen präsentieren oft idealisierte Versionen ihres Lebens, was unrealistische Erwartungen bei Jugendlichen wecken kann. Hinzu kommt: Zunehmend treten virtuelle Influencer auf, also computergenerierte Personen, deren Echtheit kaum erkennbar ist.
  • Unangemessene Inhalte: Manchmal werden Inhalte geteilt, die für bestimmte Altersgruppen nicht geeignet sind oder negative Verhaltensweisen fördern.
  • Kaufappelle und Konsumdruck: Influencer können subtilen Konsumdruck ausüben, indem sie teure Produkte oder Dienstleistungen bewerben und so den Eindruck erwecken, dass solche Käufe notwendig sind, um dazuzugehören oder Anerkennung zu erhalten.

Indem Kinder und Jugendliche über diese Problemstellungen aufgeklärt werden, können sie lernen, kritisch und reflektiert mit den Inhalten von Influencern umzugehen und sich nicht von problematischen Tendenzen beeinflussen zu lassen. Folgende Fragen an Kinder und Jugendliche können helfen:

  • Wer steht hinter diesem Influencer-Account? Ist es eine reale Person oder möglicherweise eine virtuelle Figur?
  • Wird Werbung klar als solche gekennzeichnet oder wirkt der Post wie privater Alltag?
  • Welche Rollenbilder werden dargestellt? Welche Körperideale werden als „normal“ verkauft?
  • Welche Botschaft steckt hinter einem Post: Konsum, Klicks, Markenbindung oder echte Inspiration?

Politische Themen und Extremismus durch Influencer

Influencer sind nicht mehr nur Unterhaltungsstars. Sie können auch politische Informationen vermitteln oder gesellschaftliche Debatten beeinflussen. Eine aktuelle Studie zeigt: Jugendliche nutzen zunehmend Influencer als Quelle für politische Themen und Meinungsbildung.

Gleichzeitig nutzen extremistische Akteure soziale Medien gezielt, um junge Zielgruppen mit ideologisch aufgeladenen Inhalten zu erreichen, etwa durch rechtsextreme Accounts, generative KI-Bots oder algorithmisch verstärkte Videos. 

Für Kinder und Jugendliche ist es unter Umständen schwer zu unterscheiden, bei welchen Nachrichten es sich um gesicherte Fakten handelt und bei welchen lediglich um Behauptungen und Lügen. Im Umgang mit sozialen Medien benötigen sie Unterstützung, um die Quellen kritisch hinterfragen und richtig einordnen zu können. Dabei hilft zum Beispiel unsere Infobroschüre für Familien „Vertraust du noch oder checkst du schon?“.

 

Problematische Rollenbilder im Influencer-Alltag

Viele erfolgreiche Influencer bedienen weiterhin klassische Rollenbilder: Influencerinnen sind häufig im Bereich Food, Fashion, Beauty aktiv, während Influencer eher in Themen wie Fitness, Gaming, Technik auftreten. Laut einer Befragung von Plan International unter rund 1.000 jungen Menschen in Deutschland zeigt sich: „Bei Instagram, YouTube und Co. finden sich vielfach veraltete Rollenbilder, … Stereotype werden nicht aufgebrochen.“

Vor allem im Jahr 2025 scheinen sich diese Tendenzen sogar wieder zu verstärken. Trends wie #tradwife („traditional wife“) oder #stayathomegirlfriend sind auf Plattformen wie TikTok und Instagram millionenfach verbreitet. Sie verschönen ein Lebensmodell, in dem Frauen häuslich, unterwürfig und vom Einkommen des Partners abhängig sind. Gleichzeitig werden Männer in solchen Inhalten als erfolgreiche, beschützende Familienoberhäupter dargestellt.

Solche Inhalte vermitteln unterschwellig, wie „typisch weiblich“ oder „typisch männlich“ Verhalten auszusehen hat. Mädchen sehen Influencerinnen, die über Schönheit, Kochen oder Familienleben sprechen. Jungen begegnen Vorbildern aus Bereichen wie Gaming, Sport oder Unternehmertum.
Das verstärkt bestehende Rollenvorstellungen, besonders dann, wenn Jugendliche kaum Kontakt zu alternativen Lebensmodellen haben.

Einseitige Körperbilder

Die unterschiedlichen Rollenbilder, die für Männer und Frauen vorgesehen sind, prägen auch die Körperbilder, die Influencer*innen propagieren. Besonders im Bereich Fitness zeigt sich eine starke Fokussierung auf einen normierten Körper. Für Männer gilt dabei ein muskulöser Körper mit wenig Körperfett als erstrebenswert, bei Frauen ein überaus schlanker Körperbau. Beiden Körperbildern ist gemeinsam, dass sie in der Regel nur durch langwieriges Training und eine stark reglementierte Form von Ernährung erreich werden können. Eine Studie der Universität Witten / Herdecke kommt zu dem Schluss, dass von Influencer*innen regelmäßig impliziert wird, die gewünschten Körperformen ließen sich mithilfe der beworbenen Nahrungsergänzungsmittel oder spezieller Sportkleidung schneller erreichen.

Darüber hinaus wird suggeriert, ein normierter und durch Kontrolle und Willenskraft geformter Körper sei erstrebenswert und schön. Dieses Ideal zu erreichen, sei die Grundlage für ein glückliches und gesundes Leben und ein positives Selbstbild. Gerade bei Mädchen, an die das Ideal eines schlanken Körpers herangetragen wird, besteht die Gefahr, eine Essstörung zu entwickeln. Auch die Forscher*innen der Universität Witten / Herdecke warnen vor den etwaigen negativen gesundheitlichen Folgen: „Durch den intensiven täglichen Konsum von Social Media Inhalten werden Jugendliche maßgeblich in Haltung und Meinung zu gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen geprägt. Da Influencer nicht auf Gesundheitsförderung, sondern auf Einnahmengenerierung fokussiert sind, besteht ein Bedarf, Jugendliche in ihrer psychischen und physischen Entwicklung zu schützen und zu begleiten“.

Seit 2024/25 verbreitet sich insbesondere bei jungen Menschen ein Trend namens Looksmaxxingalso das gezielte Optimieren des eigenen Aussehens mit Methoden, die von Hautpflege und Fitness bis hin zu riskanteren Eingriffen reichen.
Dieser Trend zeigt: Körperbild-Normen werden nicht nur durch klassische Rollenbilder geprägt, sondern auch durch digitale Subkulturen, in denen das Aussehen zur zentralen Währung wird. Häufig entsteht dadurch ein starker Druck ein bestimmtes Ideal erreichen zu müssen.

Kindern und Jugendlichen sollte vermittelt werden, dass ein gutes und erfolgreiches Leben nicht von einem bestimmten Aussehen abhängt. Hierzu benötigen sie das Wissen darum, welcher Aufwand hinter dem Formen eines solchen Körpers steht, mit welchen Hilfsmitteln der Bildbearbeitung bei Posingbildern nachgeholfen wird und auch welche gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen Unterernährung oder die Einnahme von Nahrungsergänzungspräparaten haben können.