Soziale Netzwerke und JugendschutzMacht Social Media süchtig?

TikToks, YouTube Shorts oder Instagram-Reels – die kurzen Clips in sozialen Medien erfreuen Jung und Alt. Die Folge: wir verbringen mehr Zeit in den Diensten als geplant. Besonders die lange Verweildauer und potenziellen Risiken bei der Social-Media-Nutzung für Kinder und Jugendliche besorgt Erziehende und Jugendschützer. Was tun Betreiber für den Schutz Minderjähriger auf ihren Plattformen? Im Rahmen des kürzlich in Kraft getretenen Digitale-Dienste-Gesetz hat die EU ein förmliches Verfahren gegen die Videoplattform TikTok eingeleitet. Dabei geht es unter anderem um „süchtig machendes Design“. Wir informieren, was Erziehende bei der Social-Media-Nutzung ihrer Kinder beachten müssen.

Knapp 3,5 Stunden (213 min) sind Jugendliche laut aktueller JIM-Studietäglich am Smartphone. Instagram, TikTok und YouTube gehören dabei zu den wichtigsten Apps. Sie bieten Kindern und Jugendlichen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, sich über die neuesten Trends zu informieren, ihren Stars zu folgen, sich darzustellen und Teil der Social-Media-Community zu sein. Auf Social Media stoßen Kinder und Jugendliche jedoch auch auf jugendgefährdende Inhalte z.B. Anleitungen zu selbstverletzendem Verhalten, extremistische Inhalte, gefährliche Challenges oder Verherrlichung von Alkohol- oder Drogenkonsum. Zudem sind Kinder und Jugendliche in Sozialen Netzwerken belastenden Interaktionsrisiken wie Cybermobbing und sexuellen Übergriffen (Cybergrooming) ausgesetzt. Klar ist: Kinder und Jugendliche benötigen innerhalb digitaler Plattformen wirksamen Schutz.

Digitale-Dienste-Gesetz – EU eröffnet Verfahren gegen TikTok

Am 17. Februar 2024 ist der Digital Services Act (DSA) für alle Internetdienste in Kraft getreten. Das Digitale-Dienste-Gesetz reguliert Online-Angebote innerhalb der EU und soll mehr Schutz für die Nutzer*innen von Online-Diensten schaffen. Dies betrifft nicht nur, aber ganz wesentlich junge Nutzer*innen. Die EU-Kommission überprüft aktuell in einem förmlichen Verfahren, ob die Videoplattform TikTok möglicherweise gegen den DSA verstoßen hat und minderjährige Nutzer*innen zu wenig schützt. Dabei geht es insbesondere um die Frage der Transparenz von Werbung, ob die App das Alter der Nutzer*innen ausreichend überprüft und ob Nutzer*innen aufgrund algorithmischer Systeme ausreichend vor Abhängigkeit und problematischen Inhalten („Kaninchenloch-Effekte“) geschützt werden.

„Es kommt oft vor, dass ich mich vergesse und viel mehr Zeit am Handy verbringe, als ich geplant hatte.“ Dieser Aussage stimmen 61 % der Jugendlichen nach aktueller JIM-Studie 2023 zu.

Was hält Kinder und Jugendliche am Bildschirm?

Mit Social-Media-Diensten verhält es sich ähnlich wie beispielsweise mit Online-Spielen. Ziel des Designs ist es, die Nutzer*innen so lange wie möglich im Dienst zu halten. Mit sogenannten Dark Patterns, manipulativen Strategien, werden Nutzer*innen u.a. durch gezielte Werbung, das Einspielen von an den eigenen Interessen orientierten Inhalten sowie Belohnungen zum Weiterspielen bzw. zur weiteren Nutzung einer App unbewusst motiviert. Apps wie TikTok, Instagram oder YouTube-Shorts sind zudem so aufgebaut, dass die Nutzer*innen endlos weiterscrollen können - es gibt also keinen Zeitpunkt, an dem man alle Videos oder Posts durchgesehen hat und warten muss, bis es etwas Neues gibt. Die Folge davon kann sein, dass es Nutzer*innen immer schwerer fällt, nicht zum Smartphone zu greifen. Zum einen als Rezipient*in, aus Angst, etwas Neues zu verpassen („Fear of missing out“, kurz FOMO). Zum anderen als Produzent*in, aus Angst, in der Flut ständig neuer Posts, Videos und der damit verbundenen Anerkennung in Form von Likes nicht mehr wahrgenommen zu werden.

klicksafe-Podcast: Sind unsere Kinder mediensüchtig?

In unserem Podcast „klicksafe fragt …“ sprechen wir darüber, warum ein undifferenzierter Umgang mit dem Begriff der Mediensucht problematisch ist. Unser Gast im Podcast ist Torsten Krause vom Deutschen Kinderhilfswerk.

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Tipps für Erziehungsberechtigte

Wenn Ihre Kinder Online-Dienste wie TikTok, YouTube, Instagram oder Snapchat nutzen:

  1. Informieren Sie sich über das Mindestalter und die Nutzungsrichtlinien des jeweiligen Dienstes.
  2. Die Schutzmechanismen der Dienste greifen nur bei korrekter Altersangabe: Sorgen Sie für mehr Sicherheit, indem Sie das Nutzungskonto gemeinsam einrichten, Meldemöglichkeiten zeigen und Nutzungsregeln festlegen.
  3. Klären Sie über manipulative Mechanismen in Social-Media-Diensten auf. Finden Sie dann gemeinsam verbindliche Regeln für Bildschirmzeiten und Beschränkungen der App-Nutzung.
  4. Begleiten Sie aktiv die Social-Media-Nutzung Ihres Kindes. Fragen Sie beispielsweise regelmäßig nach aktuellen Trends und Challenges oder welchen Kanälen und Influencern Ihr Kind folgt. Passende Gesprächseinstiege finden sich hier.
  5. Sie sorgen sich um das Mediennutzungsverhalten Ihres Kindes? Hier finden Sie Hilfe- und Beratungsstellen.